Publikation in Fat Science Technology 
(vor 1990: Fette · Seifen · Anstrichmittel)

B. Fell und W. Schäfer, Fat Sci. Techn. 92, 264 [1990]
Selektivhydrierung von Fettstoffen mit metallorganischen Mischkatalysatoren nach Ziegler-Sloan-Lapporte I :
Selektive Hydrierung von Linolsäuremethylester und Modelldienen mit isolierten Doppelbindungen

 
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Fat Sci. Techn. 92, 264 [1990]: Selektivhydrierung ... I
Fat Sci. Techn. 93, 392 [1991]: Selektivhydrierung ... IV
  Fat Sci. Techn. 92, 264 [1990]
  Fat Sci. Techn. 93, 392 [1991]

© Copyright Wolfgang Schäfer

Zusammenfassung / Abstract

Einleitung
Aufgabenstellung
Hydrierung von Linolsäuremethylester
Festlegung der Versuchsbedingungen
Zeitlicher Ablauf der Hydrierung von Linolsäuremethylester
Hydrierung von (alpha),(omega)-Alkadienen
Einleitung
Hydrierung der (alpha),(omega)-Alkadiene
Hydrierung von (alpha),(omega)-Alkadien/(alpha)-Alken-Gemischen
Deutung der Versuchsergebnisse
Schlußbetrachtung
Beschreibung der Versuche
Ausgangsmaterialen
Katalysator
Hydrierung
Aufarbeitung der Produkte
Analytik
Anhang
Formelzeichen
Indices
Abkürzungen
Literatur

 

Selektivhydrierung von Fettstoffen mit metallorganischen Mischkatalysatoren nach Ziegler-Sloan-Lapporte I :

Selektive Hydrierung von Linolsäuremethylester und Modelldienen mit isolierten Doppelbindungen

Von B. Fell und W. Schäfer

Aus dem Institut für Technische Chemie und Petrolchemie der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen

* Anschrift der Verfasser: Prof. Dr. Bernhard Fell und Dipl.-Chem. Wolfgang Schäfer,
Institut für Technische Chemie und Petrolchemie der RWTH Aachen, Worringer Weg 1, D-5100 Aachen

Zusammenfassung

Linolsäuremethylester läßt sich mit homogenen Ziegler-Sloan-Lapporte-Katalysatoren auf Nickel-, Kobalt- oder Palladiumbasis unter sehr milden Bedingungen selektiv zum einfach ungesättigten Produkt hydrieren. Die Frage, ob dieses Verhalten durch die 1,4-Stellung der beiden Doppelbindungen im Linolsäureester verursacht wird, führte zu Hydrierversuchen an nichtkonjugierten (alpha),(omega)-Dienen unterschiedlicher Kettenlänge. Dabei zeigte sich, daß in dieser Homologenreihe eine signifikante Selektivität zur Monoolefinbildung nur im Falle des 1,4-Pentadien gegeben ist. Bei den Dienen, deren Doppelbindungen weiter auseinanderliegen als in der Linolsäure, macht sich eine Selektivität für das Monohydrierungsprodukt nur noch in untergeordnetem Maße oder nicht mehr bemerkbar. Zur Erklärung wird ein Modell mit unterschiedlich stabilen Katalysator-Substrat-Komplexen vorgeschlagen.

 

Abstract

Selective Hydrogenation of Fats and Derivatives Using Ziegler-Type Organometallic Catalysts I : 

Selective Hydrogenation of Methyllinoleat and Other Dienic Compounds with Isolated Double Bonds

Homogeneous catalysts of Ziegler-Sloan-Lapporte-type, containing nickel, cobalt or palladium, were used to hydrogenate methyllinoleate under very mild conditions selectively to monounsaturated products. The question, whether this selectivity is caused by the 1,4-position of the olefinic double bonds, led to hydrogenation experiments with non conjugated (alpha),(omega)-dienes of different chain length. A significant selectivity was only observed for the reduction of 1,4-pentadiene to pentene, dienes with greater distance between the double bonds than in linoleic acid were hydrogenated with less selectivity. To explain these facts, a kinetic model, including catalyst-substrate-complexes of different stabilities, is proposed.

 

1    Einleitung

1938 wurde von Calvin [1] am Beispiel der Cu+-katalysierten Reduktion von Benzochinon mit Wasserstoff die homogenkatalysierte Hydrierung in die Chemie eingeführt. Heute ist bekannt, daß fast alle Nebengruppenelemente homogene Hydrierkatalysatoren bilden können [2] [3]. Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die metallorganischen Mischkatalysatoren vom Ziegler-Typ (Ziegler-Sloan-Lapporte-Katalysatoren, ZSL-Katalysatoren), d.h. binäre Systeme aus einem Übergangsmetallsalz oder -komplex und einer hauptgruppenmetallorganischen Verbindung als Alkylierungs- und Reduktionsmittel [4]. Die Vielzahl der diese Systeme beeinflussenden Parameter läßt hoffen, für bestimmte Anwendungen maßgeschneiderte Katalysatoren entwickeln zu können, die den heterogenen Kontakten vor allem in ihrer Selektivität überlegen sind.

1963 begannen Sloan [5] und Lapporte [6] mit der Untersuchung der Hydriereigenschaften der seit 1955 bekannten Ziegler-Natta-Polymerisationskatalysatoren [7] [8]. Es zeigte sich sehr bald, daß unter den Nichtedelmetallen Nickel und Cobalt die aktivsten ZSL-Katalysatoren bilden können [9] [10]. Erstmals 1968 wurden von Tajima und Kunioka [11], zwei Jahre später auch von Misono und Uchida [12], diese Systeme für die Reduktion von mehrfach ungesättigten zu einfach ungesättigten Fettsäureestern eingesetzt.

Bereits 1972 wiesen Hinze und Frost [13] auf die geringe Tendenz zur Stellungs- und Konformationsisomerisierung der Doppelbindungen hin. Es folgten Untersuchungen von Stern et al. zum Einfluß des Übergangsmetalls, der Temperatur, des Druckes und vorhandener Begleitstoffe auf Aktivität und Selektivität für die Fettesterhydrierung [14] [15].

Ganguli und van den Berg beschäftigten sich mit kinetischen Untersuchungen im Fallfilmreaktor und Rührkessel [16] [17]. Mit Einfluß von Katalysatorträgern und zugesetzten Donorsubstanzen auf die Fetthydrierung befaßte sich die Arbeitsgruppe von Noskova et al. [18] [19] [20]. Die gleichen Autoren führten auch mechanistische Untersungen mit Hilfe der Mößbauer-Spektroskopie durch [21] [22]. Schließlich sei noch auf die Arbeiten von Svoboda et al. hingewiesen, in denen die Partialhydrierung von linolensäureesterhaltigen Substraten beschrieben wird [23] [24].

 

2    Aufgabenstellung 

Ziel der Untersuchungen im Rahmen des BMFT-Forschungsverbundvorhabens "Neue Einsatzmöglichkeiten nativer Öle und Fette als Chemierohstoffe" ist die Selektivhydrierung mehrfach ungesättigter Fettsäureester mit homogenen metallorganischen Mischkatalysatoren nach Ziegler. Durch gezielte Modifikation der Katalysatorsysteme soll insbesondere die Partialhydrierung von Linol- und Linolensäureestern unter gleichzeitiger Rückdrängung von Stellungs- und cis/trans-Isomerisierungen der verbleibenden Doppelbindungen erreicht werden.


C18:3(9c,12c,15c)
(alpha)-Linolensaeuremethylester

+ H2 (Katalysator)

C18:2
Octadecadiensaeuremethylester-Isomerengemisch
hier: C18:2(9c,12c); Linolsaeuremethylester

+ H2 (Katalysator)

C18:1
Octadecensaeuremethylester-Isomerengemisch
hier: C18:1(9c); Oelsaeuremethylester

+ H2 (Katalysator)

C18:0
Stearinsaeuremethylester

3    Hydrierung von Linolsäuremethylester

3.1    Festlegung der Versuchsbedingungen

Linolsäuremethylester wurde als Gemisch aus ca. 70 % Linolsäuremethylester und 30% Ölsäuremethylester eingesetzt, wie es durch Veresterung von sog. "Technischer Linolsäure" mit nachfolgender Rektifikation über eine wirksame Kolonne erhalten werden kann. Dieses Estergemisch stellt ein gutes Modell für linolsäurereiches, sog. "altes" Sonnenblumenöl dar [25].

Die Katalysatoren wurden durch Umsetzung verschiedener Übergangsmetallstearate und -acetylacetonate der VIII. Nebengruppe mit Triethylaluminium hergestellt. Da hierzu ohnehin gewisse Lösemittelmengen benötigt werden, wurden die Hydrierversuche zunächst in Decan und Toluol durchgeführt. In Toluol erreichte der Katalysator nur 1/20 der in Decan möglichen Aktivität, was gleichzeitig mit einer Selektivitätseinbuße verbunden war. Im Gegensatz zur Hydrierung von z.B. polykondensierten Aromaten, bei der ein inhibierendes Lösemittel die Selektivität zur Bildung niedrighydrierter Zwischenprodukte erhöht [26], ist hier die Verwendung des nichtinhibierenden Lösemittels Decan günstiger.

Tab. 1: Einfluss des Loesemittels auf die Produktzusammensetzung bei maximalem C18:1-Gehalt während der Hydrierung

  LM: Decan LM: Toluol
Verbindung Anteil Anteil
C18:0 11.0 % 20.4 %
C18:1 84.7 % 74.8 %
C18:2 4.3 % 4.8 %
cis 73.6 % 75.5 %
cis in C18:1 75.3 % 69.0 %

Ansatz: 5 g = 17 mmol Linolsaeuremethylester, techn.
17.5 cm3 Loesemittel (Decan oder Toluol), VR=25 cm3
Katalysator 0.034 mmol Ni(acac)2 (nÜM : nEster = 1:500) } in 2 cm3 Loesemittel
0.17 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:5)
Reaktions-
bedingungen:
T=375 K (100 °C); p=3 mPa (30 bar)
 

Zur Ermittlung der für die Hydrierversuche günstigsten Katalysatorkonzentration wurden einige Versuche mit dem besonders hydrieraktiven Ni(acac)2/Al(C2H5)3-System bei 375K und 3 MPa (30 bar) H2-Druck durchgeführt. Aus Abb. 1 erkennt man, daß für die Hydrierung ein Mindest-Katalysator : Substrat-Molverhältnis von 1:1000 (0.1 mol-%) benötigt wird. Unterhalb dieser Konzentration wird der Katalysator durch Begleitstoffe im Edukt vollständig inaktiviert. 

 

 

 

 

 

 

Abb. 1: Abhaengigkeit der Anfangs-Reaktionsgeschwindigkeit -r0H2  vom molaren Katalysator : Substrat- Verhaeltnis nÜM : nEster  

Ansatz: 5 g = 17 mmol Linolsaeuremethylester, techn.
17.5 cm3 Decan, VR=25 cm3
Katalysator 2 cm3 Katalysatorloesung: Ni(acac)2 / Al(C2H5)3 in Decan
nÜM : nEster = 1:1000 ... 1:500, nÜM : nAl = 1:5
Reaktions-
bedingungen:
T=375 K (100 °C); p=3 mPa (30 bar)

 

Die Mindestkatalysatorkonzentration hängt sehr stark von der Vorbehandlung, aber auch von der "Alterungszeit" der oxidations- und polymerisationsempfindlichen Linolsäure ab. So konnte ein sorgfältig gereinigter Linolsäuremethylester noch mit einem Katalysator : Substrat-Verhältnis von 1:4000 hydriert werden, nach einem Jahr Standzeit des Linolsäureesters wurde trotz Aufbewahrung unter Argon die achtfache Katalysatormenge benötigt.

Um reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten, mußte daher mit wesentlich größeren Katalysatorkonzentrationen gearbeitet werden. Die Reaktionen sollten unter kinetischer Kontrolle, d.h. unter Limitierung der Reaktionsgeschwindigkeit durch die chemische Reaktion am Katalysator, ablaufen. Aus diesem Grund wurden Reaktionsbedingungen gewählt, bei denen die Geschwindigkeit der chemischen Reaktion klein ist, also niedrige Temperatur und niedriger Druck.

3.2    Zeitlicher Ablauf der Hydrierung von Linolsäuremethylester

In Abb. 2 ist für einen Ni(st)2/Al(C2H5)3-Katalysator (1:10) bei 300 K und 0.3 MPa (3 bar) H2-Druck der Hydriergrad, d.h. das zeitabhängige Verhältnis von tatsächlich aufgenommener Wasserstoffmenge zur maximal möglichen Wasserstoffaufnahme bei vollständiger Hydrierung, gegen die Reaktionszeit aufgetragen. Außerdem sind die molaren Anteile von C18:0, C18:1 und C18:2, bezogen auf die Gesamtmenge an C18-Fettsäuren, sowie der cis-Anteil in der C18:1-Fraktion eingezeichnet. 

 

 

 

 

 

Abb. 2: Hydrierung von technischem Linolsaeuremethylester mit einem homogenen Nickel-ZSL-Katalysator (Hydrierversuch 2/1)

Ansatz: 5 g = 17 mmol Linolsaeuremethylester, techn.
17.5 cm3 Decan, VR=25 cm3
Katalysator 0.085 mmol Ni(st)2 (nÜM : nEster = 1:200) } in 2 cm3 Decan
0.85 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:10)
Reaktions-
bedingungen:
T=300 K (27 °C); p=300 kPa (3 bar)

 

Die Reaktionsgeschwindigkeit, welche durch die Steigung der Hydriergradkurve gegeben ist, bleibt bis zu einem Hydriergrad von 95 % konstant. Die Reaktion ist also von 0. Ordnung bezogen auf die Summe der Edukte C18:1 und C18:2. Dennoch werden diese beiden Komponenten im Gemisch unterschiedlich schnell hydriert. Zu Beginn der Reaktion wird fast nur C18:2 zu C18:1 ohne Bildung von C18:0 umgesetzt, und erst wenn der C18:2-Gehalt unter 10 % abgesunken ist, setzt die Hydrierung von C18:1 zu Stearinsäuremethylester C18:0 ein.

Bei Hydrierung mit Co(st)2/Al(C2H5)3 als Katalysator gelten für den prinzipiellen Verlauf der Hydriergrad- und Konzentrationskurven die bei Ni(st)2/Al(C2H5)3 gemachten Angaben (s. Abb. 3).

 

 

 

 

 

Abb. 3: Hydrierung von technischem Linolsaeuremethylester mit einem homogenen Cobalt-ZSL-Katalysator (Hydrierversuch 2/2)

Ansatz: 5 g = 17 mmol Linolsaeuremethylester, techn.
17.5 cm3 Decan, VR=25 cm3
Katalysator 0.085 mmol Co(st)2 (nÜM : nEster = 1:200) } in 2 cm3 Decan
0.85 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:10)
Reaktions-
bedingungen:
T=300 K (27 °C); p=300 kPa (3 bar)

 

Bei dem Pd(acac)2/Al(C2H5)3-Katalysator ist die Hydriergeschwindigkeit von C18:2 höher als die von C18:1, was sich in einem Knick in der Hydriergradkurve äußert. Die Folge davon ist eine größere Selektivität zu C18:1 (s. Abb. 4).

 

 

 

 

 

Abb. 4: Hydrierung von technischem Linolsaeuremethylester mit einem Palladium-ZSL-Katalysator (Hydrierversuch 2/3)

Ansatz: 5 g = 17 mmol Linolsaeuremethylester, techn.
17.5 cm3 Decan, VR=25 cm3
Katalysator 0.085 mmol Pd(acac)2 (nÜM : nEster = 1:200) } in 2 cm3 Decan
0.85 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:10)
Reaktions-
bedingungen:
T=300 K (27 °C); p=300 kPa (3 bar)

 

Neben dem Linolsäuremethylester wurde auch ein Methylestergemisch konjugiert-ungesättigter Octadecadiensäure eingesetzt. Wie die Werte in Tab. 2 (Vers. 2/4 und 2/5) zeigen, verläuft die Hydrierung bei den konjugierten Verbindungen jedoch nur unwesentlich selektiver.

 

Tab. 2: Hydrierung von techn. Linolsäuremethlester (A) und alkalikonjugiertem Linolsaeuremethylester (B) mit verschiedenen ZSL-Katalysatoren

Versuch Substrat Kat. (-rH2)
mol*m-3*s-1
(aÜM,H2)
s-1
(-rH2) I I 
mol*m-3*s-1
(aÜM,H2) I I 
s-1
max. C18:1
%
max. C18:1 cis 
%
2/1 A Ni(st)2 1.16 0.34 1.16 0.34 87 67
2/2 A Co(st)2 1.44 0.43 1.44 0.43 85 55
2/3 A Pd(acac)2 1.54 0.45 0.63 0.18 93 74
2/4 B Ni(st)2 1.25 0.37 0.86 0.25 91  
2/5 B Co(st)2 0.86 0.24 0.34 0.10 88  

Reaktionsgeschwindigkeiten -rH2 und auf die Stoffmenge Übergangsmetall bezogene Katalysatoraktivitäten aÜM,H2 für den Reaktionszeitabschnitt der bevorzugten Dienhydrierung (Index I) und den Abschnitt der ausschließlichen Monoenhydrierung (Index II), sowie maximale molare Anteile an C18:1 und C18:1(cis) innerhalb von C18 während des Hydrierverlaufs.

 

Ansatz: 5 g = 17 mmol Linolsaeuremethylester, techn. (Substrat A) 
bzw. 5 g = 17 mmol konjugierter Linolsaeuremethylester (Substrat B)
17.5 cm3 Decan, VR=25 cm3
Katalysator 0.085 mmol ÜM-Komplex (nÜM : nEster = 1:200) } in 2 cm3 Decan
0.85 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:10)
Reaktions-
bedingungen:
T=300 K (27 °C); p=300 kPa (3 bar)

 

4    Hydrierung von (alpha),(omega)-Alkadienen

4.1    Einleitung

Aus früheren Untersuchungen über homogene Katalysatoren vom Ziegler-Typ ist bekannt, daß diese Systeme konjugierte und bestimmte cyclische Diolefine selektiv zum Monoen hydrieren können [27]-[30]. Bei den eigenen Arbeiten zur homogen katalysierten Hydrierung von Linolsäuremethylester mit dem ZSL-Katalysatorsystem wurde fest gestellt, daß der maximal erreichbare Anteil an Octadecensäureestern als Zwischenprodukt im partiell hydrierten Gemisch ebenfalls deutlich höher liegt, als dies durch rein statistische Hydrierung der Doppelbindungen zu erklären wäre. 

Ausgehend von einem Gemisch aus 69% Linolsäuremethylester und 31% Ölsäuremethylester wäre bei zufälligem Angriff auf die Doppelbindungen ein maximaler C18:1- Anteil von nur 52 % zu erwarten, beobachtet werden hingegen stets Werte über 80 %. Die beiden 1,4-ständigen Doppelbindungen in der Linolsäure reagieren also nicht unabhängig voneinander, sondern als ein einheitliches System, z.B. indem sie sich als zweizähniger Chelatligand an den Katalysatorkomplex anlagern und diesen damit gleich zeitig für die Anlagerung eines schwächer komplexierenden Monoens blockieren.

Zur Verifizierung dieser Vorstellungen wurden Hydrierversuche an einem einfachen Alkadien mit 1,4-ständiger Doppelbindung, nämlich 1,4-Pentadien und zum Vergleich hierzu auch an 1,5-Hexadien, 1,6-Heptadien und 1,7-Octadien durchgeführt.

4.2    Hydrierung der (alpha),(omega)-Alkadiene

Alle verwendeten Alkadiene wurden in Decan oder Octan als Lösemittel sowohl mit einem Ni(st)2/Al(C2H5)3- als auch mit einem Co(st)2/Al(C2H5)3-Katalysator hydriert. Die Versuche sind in Tabelle 3 zusammengestellt. 

 

Tab. 3: Hydrierung homologer (alpha),(omega)-Alkadiene mit ZSL-Katalysatoren auf Nickel- oder Cobaltbasis 

Versuch Substrat Ueberg.metall-
Komponente
-r0H2
mol*m-3*s-1
a0ÜM,H2
s-1
max. Olefin max. 1-Olefin
3/1 1,7-Octadien Ni(st)2 0.95 0.190 50 36
3/2 1,7-Octadien Co(st)2 1.49 0.297 48 36
3/3 1,6-Heptadien Ni(st)2 1.22 0.243 48 37
3/4 1,6-Heptadien Co(st)2 2.02 0.404 50 35
3/5 1,5-Hexadien Ni(st)2 2.96 0.591 61 44
3/6 1,5-Hexadien Co(st)2 2.16 0.431 58 44
3/7 1,4-Pentadien Ni(st)2 1.98 0.396 75 55
3/8 1,4-Pentadien Co(st)2 2.22 0.222 72 58


Anfangs-Reaktionsgeschwindigkeiten -r0H2 und auf die Stoffmenge Übergangsmetall bezogene Anfangs-Katalysatoraktivitäten a0ÜM,H2, sowie maximale molare Anteile an Monoolefin und 1-Monoolefin während des Hydrierverlaufs

Ansatz: 40 mmol Alkadien; dest. und / oder über Al2O3 filtriert
Loesemittel: Decan fuer Octadien und Heptadien, Octan fuer Hexadien und Pentadien; Gesamtvolumen der Mischung VR=25 cm3
Katalysator 0.1 mmol ÜM-Verbindung (nÜM : nDien = 1:400) } in 2 cm3 Decan oder Octan
0.4 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:4)
(Fuer Versuch 3/8 wurde die doppelte Katalysatormenge benoetigt)
Reaktions-
bedingungen:
T=300 K (27 °C); p=300 kPa (3 bar)

 

Die folgenden vier Abbildungen (Abb. 5-8) zeigen die Hydrierkurven für den Cobalt- Katalysator, die entsprechenden Kurven für den Nickel-Katalysator sind im Prinzip identisch.

Die Geschwindigkeit der Wasserstoffaufnahme blieb bei allen Diolefinen bis zu einem Hydriergrad von 95 % konstant, der Hydriergrad ist also proportional zur Hydrierdauer. Bei Reaktionsbeginn wird bevorzugt 1-Olefin gebildet, Nebenprodukte sind in mengenmäßiger Reihenfolge Alkan, (E)-2-Olefin, (Z)-2-Olefin und andere Monoolefine. 1,6-Heptadien und 1,7-Octadien, und damit auch alle höheren (alpha),(omega)-Diolefine, unter scheiden sich im Hydrierverhalten nicht. Das Dien selbst wird hydriert und nur wenig zu Dienen mit innenstehenden Doppelbindungen isomerisiert. Da diese Isomeren langsamer hydriert werden, reichern sie sich bis zum Ende der Dienhydrierung auf maximal 5 % der Reaktionsmasse an.

 

 

 

 

 

 

Abb. 5: Hydrierung von 1,7-Octadien mit einem homogenen Cobalt-ZSL-Katalysator (Hydrierversuch 3/2)

Ansatz: 40 mmol 1,7-Octadien, über Al2O3 filtriert
11.8 cm3 Decan, VR=20 cm3
Katalysator 0.1 mmol Co(st)2 (nÜM : nDien = 1:400) } in 2 cm3 Decan
0.4 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:4)
Reaktions-
bedingungen:
T=300 K (27 °C); p=300 kPa (3 bar)

 

 

 

 

 

Abb. 6: Hydrierung von 1,6-Heptadien mit einem homogenen Cobalt-ZSL-Katalysator (Hydrierversuch 3/4)

Ansatz: 40 mmol 1,6-Heptadien, destilliert und über Al2O3 filtriert
12.5 cm3 Decan, VR=20 cm3
Katalysator 0.1 mmol Co(st)2 (nÜM : nDien = 1:400) } in 2 cm3 Decan
0.4 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:4)
Reaktions-
bedingungen:
T=300 K (27 °C); p=300 kPa (3 bar)

 

Eine Selektivität der Hydrierung zum Monoen ist praktisch nicht gegeben. Die Ausbeute an Monoolefin beträgt nur 50 %, wobei der Anteil an doppelbindungsisomeren Monoenen hoch ist. 

Auch die Hydrierung von 1,5-Hexadien verläuft ähnlich wie bei den höheren (alpha),(omega)-Diolefinen. Die maximalen Anteile an Monoolefin und 1-Olefin liegen etwas höher, das 2-Olefin-Maximum ist deutlicher ausgeprägt. Es ist zu beachten, daß der Anteil an Dien-Isomeren im Gemisch klein bleibt. Bei der Doppelbindungsisomerisierung des 1,5- Hexadien entsteht unmittelbar ein 1,4-Dien und diese werden, wie auch die folgenden Versuche mit dem 1,4-Pentadien zeigen, aufgrund der 1,4-Stellung der Doppelbindungen bevorzugt hydriert.

 

 

 

 

 

Abb. 7: Hydrierung von 1,5-Hexadien mit einem homogenen Cobalt-ZSL-Katalysator (Hydrierversuch 3/6)

Ansatz: 40 mmol 1,5-Hexadien, destilliert und über Al2O3 filtriert
13.1 cm3 Octan, VR=20 cm3
Katalysator 0.1 mmol Co(st)2 (nÜM : nDien = 1:400) } in 2 cm3 Octan
0.4 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:4)
Reaktions-
bedingungen:
T=300 K (27 °C); p=300 kPa (3 bar)

 

Bei der Hydrierung von 1,4-Pentadien ist nur sehr wenig 1,3-Pentadien in der Reaktionsmischung nachzuweisen, der Anteil dieser konjugierten Verbindungen an der Dienfraktion bleibt stets kleiner als 2 %. Der Hydrierverlauf ist ähnlich wie bei den Fettsäureestern mit ihren 1,4-ständigen Doppelbindungen. Bis zu einem Hydriergrad von 50 % entsprechend einem Pentadienumsatz von 85 % wird bevorzugt 1-Penten gebildet, was gegen einen Reaktionsverlauf über konjugiertes 1,3-Pentadien spricht. Bei einer der Hydrierung vorausgehenden Isomerisierung zum Konjudien müßte nämlich, wie es z.B. bei der Hydrierung von 1,4-Dienen mit Chromarencarbonyl-Katalysatoren beobachtet wurde , das 2-Alken Hauptprodukt sein [31].

Erst nach dem vollständigen Umsatz des Pentadiens wird das gebildete 1-Penten hydriert (oder zu 2-Penten isomerisiert, welches dann anschließend hydriert wird). Solange noch 1,4-Pentadien vorhanden ist, bleiben die freien Koordinationsstellen des Katalysators durch das Dien blockiert, sodaß keine Monoenhydrierung erfolgen kann.

 

 

 

 

 

 

Abb. 8: Hydrierung von 1,4-Pentadien mit einem homogenen Cobalt-ZSL-Katalysator (Hydrierversuch 3/8)

Ansatz: 40 mmol 1,4-Pentadien, über Natrium getrocknet
14 cm3 Octan, VR=22 cm3
Katalysator 0.1 mmol Co(st)2 (nÜM : nDien = 1:400) } in 2 cm3 Octan
0.4 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:4)
Reaktions-
bedingungen:
T=300 K (27 °C); p=300 kPa (3 bar)

 

4.3    Hydrierung von (alpha),(omega)-Alkadien/(alpha)-Alken-Gemischen

Durch die Hydrierung eines Gemisches von 1,4-Pentadien mit 1-Hexen und im Vergleich hierzu auch eines 1,5-Hexadien/1-Penten-Gemisches sollten die oben entwickelten Vorstellungen vom Reaktionsablauf der durch den homogenen ZSL-Katalysator bewirkten Selektivhydrierung von Dienen mit 1,4-ständigen Doppelbindungen noch einmal bestätigt werden.

Die folgenden Abbildungen zeigen die Zusammensetzungs-Zeit-Kurven jeweils getrennt für die C5- und C6-Fraktion. Man erkennt, daß die Hydrierung und Isomerisierung von 1-Hexen durch 1,4-Pentadien stark gehemmt wird. Ein Einfluß von 1,5- Hexadien auf 1-Penten ist erwartungsgemäß bedeutend geringer.

 

 

 

 

 

 

Abb. 9 und 10: gemeinsame Hydrierung von 1,4-Pentadien und 1-Hexen mit einem homogenen Nickel-ZSL-Katalysator

Ansatz: 20 mmol 1,4-Pentadien; ueber Natrium getrocknet
20 mmol 1-Hexen; ueber Natrium getrocknet
13.5 cm3 Octan, VR=21 cm3
Katalysator 0.15 mmol Ni(st)2 (nÜM : nAlken = 1:267) } in 3 cm3 Octan
0.6 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:4)
Reaktions-
bedingungen:
T=300 K (27 °C); p=300 kPa (3 bar)

 

 

 

 

 

Abb. 11 und 12: gemeinsame Hydrierung von 1,5-Hexadien und 1-Penten mit einem homogenen Nickel-ZSL-Katalysator

Ansatz: 20 mmol 1,5-Hexadien; destilliert und ueber Al2O3 filtriert
20 mmol 1-Penten; ueber Natrium getrocknet
13.5 cm3 Octan, VR=22 cm3
Katalysator 0.2 mmol Ni(st)2 (nÜM : nAlken = 1:200) } in 4 cm3 Octan
0.8 mmol Al(C2H5)3 (nÜM : nAl = 1:4)
Reaktions-
bedingungen:
T=300 K (27 °C); p=300 kPa (3 bar)

 

 

5    Deutung der Versuchsergebnisse

Schon Kalechits [32] erkannte, daß die Kinetik der Hydrierung von Alkenen mit Katalysatoren vom Ziegler-Typ mit dem von enzymatischen Reaktionen bekanntem Michaelis-Menten-Ansatz [33] beschrieben werden kann, was auf die Bildung eines Katalysator-Substrat-Komplexes vor der eigentlichen Hydrierung schließen läßt. Für Alkadiene ergibt sich folgendes Reaktionsschema.

 

D + Kat M + Kat
II

KD

II

KM

II +H2   II +H2  
D· Kat ----------------------> M· Kat ----------------------> S + Kat
k1 k2

 

Monoen M und Dien D konkurrieren um die Komplexierung des Katalysators Kat. Assoziation und Dissoziation erfolgen sehr schnell, so daß diese Schritte mit Gleichgewichtskonstanten Ki beschrieben werden können.

KD = cD * cKat / cD·Kat            KM = cM * cKat / cM·Kat

Die Hydrierung erfolgt aus dem Katalysator-Substrat-Komplex in einer langsamen Reaktion 1. Ordnung.

r1 = - dnD / (VR * dt) = k1 * cD·Kat            r2 = - dnM / (VR * dt) = k2 * cM·Kat

Die Stoffaenderungsgeschwindigkeiten koennen damit mit folgenden Gleichungen beschrieben werden.

 

rD = dnD/(VR*dt) =     -r1 = - {k1*c0Kat} / {(KD/cD)*[1+(cM/KM)]+1}
rM = dnM/(VR*dt) = r1-r2 = {k1*c0Kat} / {(KD/cD)*[1+(cM/KM)]+1} - {k2*c0Kat} / {(KM/cM)*[1+(cD/KD)]+1}
rS = dnS/(VR*dt) =       r2 = {k2*c0Kat} / {(KM/cM)*[1+(cD/KD)]+1}
rH2 = dnH2/(VR*dt) = -(r1+r2) = - {k1*c0Kat} / {(KD/cD)*[1+(cM/KM)]+1} - {k2*c0Kat} / {(KM/cM)*[1+(cD/KD)]+1}

Da die Reaktionsgeschwindigkeit bis kurz vor Ende der Reaktion konstant ist, muss die gesamte Katalysatormenge komplexiert vorliegen, es gilt also cD·Kat + cM·Kat = c0Kat = konst. Die Selektivität wird durch die Verhältnisse k1/k2 und KM/KD festgelegt. In Tab. 4 sind diese Parameter für die durchgeführten Versuche angegeben. Die Festlegung der Werte erfolgte durch Simulation der Konzentrations-Zeit-Kurven nach den oben angegebenen Gleichungen.

Im Falle der Alkadiene wird die Selektivität nur durch die unterschiedlichen Stabilitäten der Katalysator-Substrat-Komplexe verursacht. 1,7-Octadien und 1,6-Heptadien können den Katalysator doppelt so gut wie die entsprechenden Monoolefine komplexieren. Berücksichtigt man aber, daß die Diene die zweifache Anzahl an Doppelbindungen besitzen, so folgt, daß jede Doppelbindung die gleiche Chance hat, als Ligand angelagert und hydriert zu werden. Der Katalysator ist also völlig unselektiv in der Wahl der Doppelbindung. 

Für Pentadien / Penten beträgt das Verhältnis der Komplexdissoziationskonstanten 6,7, die Doppelbindungen des Pentadien werden also wesentlich stärker gebunden als eine Penten-Doppelbindung und deshalb gegenüber dieser bevorzugt hydriert. 1,5-Hexadien nimmt eine Mittelstellung ein. 

Durch Vergleich der Komplex-Stabilitäten wird auch die Hemmung der Hexenhydrierung durch 1,4-Pentadien verständlich. Solange noch 1,4-Dien vorhanden ist, wird dieses die Monoolefine aus dem Katalysatorkomplex weitgehend verdrängen und damit deren Hydrierung oder Isomerisierung verzögern. 

Tab. 4: Durch Simulation ermittelte Verhältnisse zwischen Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten k sowie Dissoziations-Gleichgewichtskonstanten K der Katalysator-Dien- und Katalysator-Monoen-Komplexe

Substrat Katalysator k1/k2 KM/KD
1,4-Pentadien Ni, Co 1 6.7
1,5-Hexadien Ni, Co 1 3.2
1,6-Heptadien Ni, Co 1 2.0
1,7-Octadien Ni, Co 1 2.0
Linolsäure-
methylester
Ni, Co 1 20
Linolsäure-
methylester
Pd 2.4 20
Konjudiensäure-
methylester
Ni 1.1 - 1.5 26

Für Linolsäuremethylester und Ni- bzw. Co-Katalysator ist der Unterschied in den Gleichgewichtskonstanten noch größer. Im Falle der Hydrierung mit Pd-Katalysator und der Hydrierung konjugierter Fettsäureester ist das Verhältnis k1/k2 von 1 verschieden, es liegen also nicht nur Unterschiede in der Stabilität, sondern auch in der Reaktivität der Katalysator-Substrat-Komplexe für Dien und Monoen vor. Daraus erklärt sich die besonders hohe Selektivität in diesen Fällen.

 

6    Schlußbetrachtung

Die Versuche haben gezeigt, daß mit homogenen ZSL-Katalysatoren selektive Hydrierungen von Dienen mit 1,4-ständigen Doppelbindungen zu den entsprechenden Monoenen möglich sind. Unter kinetisch kontrollierten Bedingungen sind ähnlich hohe Selektivitäten für die Linolsäureesterhydrierung erreichbar, wie sie auch mit heute gebräuchlichen heterogenen Härtungskontakten unter kinetischer Kontrolle der Reaktion erzielt werden [34]. Der maximale Anteil an Ölsäure und deren Isomeren als Zwischenprodukt liegt nur wenig unter Werten für kommerzielle Katalysatoren [35] [36], die aber ihrerseits höhere Anteile an trans- und Stellungsisomeren liefern [37]. Für den homogenen Katalysator spricht weiterhin die bereits unter sehr milden Bedingungen erreichte hohe Aktivität.

Zu lösen bleibt das Problem der Katalysatorrückgewinnung. Eine destillative Trennung wäre eine Möglichkeit, wesentlich sinnvoller erscheint jedoch die Heterogenisierung des aktiven Katalysators. Der Einsatz von so kleinen Mengen des hochaktiven Katalysators, daß analog zu den Ziegler-Polymerisationskontakten der zweiten Generation eine Katalysatorregenerierung überflüssig wird, scheitert zur Zeit noch an der hohen Empfindlichkeit gegen Katalysatorgifte.

Ziel der nächsten Untersuchungen ist die Übertragung der an Linolsäuremethylester und den Modelldiolefinen gewonnenen Erkenntnisse auf die Hydrierung von Linolensäureestern unter Erhalt von Linolsäureestern. Eine derartige Selektivität ist besonders schwierig zu erreichen, da in beiden Estern jeweils zwei Doppelbindungen in 1,4-Position zueinander stehen und damit ähnlich starke Liganden für das Katalysatormetall sind.

 

7    Beschreibung der Versuche

7.1    Ausgangsmaterialien

Technischer Linolsäuremethylester (69% Linolsäuremethylester, 31% Ölsäuremethylester) wurde durch extraktive Veresterung von "Techn. Linolsäure" (Fluka) mit Methanol in Tetrachlorkohlenstoff hergestellt [38] [39]. Das nach Trocknung und Vakuumdestillation erhaltene Produkt genügte jedoch noch nicht den für die Hydrierung notwendigen Reinheitsanforderungen. Durch sehr sorgfältige Vakuumrektifikation (Fischer Spaltrohrkolonne HMS 1000, mind. 50 theoret. Böden, Rücklaufverhältnis 30) konnten die störenden Verunreinigungen sowie der Großteil gesättigter Fettsäureester als Vorlauf und als Sumpfrückstand abgetrennt werden.

Die Herstellung von konjugiertem Linolsäuremethylester erfolgte durch kaliummethylatkatalysierte Isomerisierung des wie oben beschrieben hergestellten und gereinigten technischen Linolsäuremethylesters [4] [41]. Auch hier mußte zur Endreinigung sorgfältig rektifiziert werden.

1,6-Heptadien wurde durch Metathese von Cyclopenten mit Ethylen hergestellt [42] [43], alle anderen Olefine waren Handelsprodukte. Zur Reinigung genügte Destillation und Abtrennung von Peroxiden durch adsorptive Filtration über Aluminiumoxid der Aktivitätsstufe 1 [44].

Alle verwendeten Lösemittel wurden mit Calciumchlorid vorgetrocknet und unter Ausschluß von Sauerstoff und Feuchtigkeit über Natrium destilliert. Die Übergangsmetallacetylacetonate und -stearate wurden vor dem Einsatz zur Katalysatorherstellung 18 Stunden lang bei 345 K im Vakuum über P4O10 getrocknet.

7.2    Katalysator 

Der für die Hydrierungen benötigte ZSL-Katalysator wurde für jeden Versuch separat hergestellt. Die verwendeten hydrolyse- und oxidationsempfindlichen Katalysatorsysteme verlangen eine Handhabung unter Inertgas. Hierzu wurde eine aus 100 cm3-Vierhals- Schlenkkolben mit Magnetrührkern, Rückflußkühler, Tropftrichter mit Druckausgleich und Pt-Widerstandsthermometer bestehende Apparatur dreimal evakuiert und mit Argon gespült und anschließend noch dreimal im Vakuum ausgeheizt und mit Argon beaufschlagt.

Bei 385 - 395 K wurden innerhalb von 2 Minuten 0,4 mmol Übergangsmetallverbindung, suspendiert in 2 cm3 Decan, zu der berechneten Menge Triethylaluminium, gelöst in 6 cm3 Decan, unter Rühren zugetropft. Es trat sofort Schwarzfärbung der Lösung ein. Nach einer Alterungszeit von 30 Minuten bei gleicher Temperatur wurde die für den Hydrierversuch festgelegte Menge (meist 2 cm3) mit einer Spritze entnommen und sofort in die Reaktion ein gesetzt.

7.3    Hydrierung

Zur Hydrierung stand ein 125 cm3-Edelstahlautoklav mit elektrischem Druckaufnehmer und einem verschließbaren Tauchrohr zur Probenentnahme zur Verfügung. Die Rührung erfolgte mittels eines elliptischen Magnetrührkernes bei einer Drehzahl von 900 Umdrehungen je Minute.

In den mehrfach evakuierten und mit Argon gefluteten Autoklav wurden zunächst Substrat und Lösemittel vorgelegt. Nach Zugabe der frisch hergestellten Katalysatorlösung wurde bei ausgeschalteter Rührung Wasserstoff bis zum gewünschten Druck aufgepreßt. Das Starten der Reaktion erfolgte durch Einschalten des Rührers. Durch eine Gasnachführeinrichtung mit automatischer Registrierung des Durchflusses (Peteric Gassteuereinheit 9903) wurde der Druck im Autoklav konstant gehalten und die verbrauchte Wasserstoffmenge als Funktion der Hydrierzeit aufgezeichnet.

7.4    Aufarbeitung der Produkte

Während des Versuchs wurden in regelmäßigen Abständen Proben von je 0,25 cm3 entnommen. Die Katalysatorabtrennung konnte nach oxidativer Fällung durch Stehenlassen an der Luft mittels Filtration erreicht werden. Fettsäuremethylester-Proben wurden vor der gaschromatographischen Analyse mit der zehnfachen Menge Decan verdünnt.

7.5    Analytik

Die Bestimmung von Hydriergrad und Zusammensetzung der während der Versuche entnommenen Proben erfolgte durch quantitative Gaschromatographie. Eine Auftrennung der Fettsäuremethylester nach Anzahl, Konformation und zumindest in einigen Fällen auch nach Position der Doppelbindungen gelang auf einer mit Cyanopropylsilikon beschichteten Kapillarsäule [45] [46] (50m Chrompack Cp-Sil-88, 355K isotherm, 80 kPa H2, FID-Detektor). Die Olefine wurden auf einer unpolaren Kapillarsäule untersucht (50 m Hewlett- Packard Pona-HP, isotherm, 150 kPa He, FID-Detektor).

Ein FID-Detektor besitzt für alle Isomerisierungs- und Hydrierprodukte einer polyungesättigten Verbindung die gleiche molare Anzeigeempfindlichkeit [47] [48]. Das Verhältnis der Peakfläche einer Einzelsubstanz zur Gesamtfläche aller Peaks kohlenstoffzahlgleicher Verbindungen (Substrat und alle Hydrier- sowie Isomerisierungsprodukte) gibt damit direkt den Molanteil der Einzelsubstanz innerhalb dieser Gruppe an. Werden verschiedene Substrate unterschiedlicher Kettenlänge gleichzeitig hydriert, muß die Auswertung für die Produkte getrennt nach den Substraten durchgeführt werden.

 

Formelzeichen

a s-1 Katalysatoraktivitaet
c mol*m-3 Konzentration
k s-1 Reaktionsgeschwindigkeitskonstante
K mol*m-3 Dissoziations-Gleichgewichtskonstante
n mol Stoffmenge
p Pa Druck
r mol*m-3*s-1 Stoffmengenaenderungsgeschwindigkeit (Formel als Index)
und Äquivalent-Reaktionsgeschwindigkeit (Nummer als Index)                    
t s Reaktionszeit
T K Temperatur
VR m3 Reaktionsvolumen

Indices

Al Aluminium M Monoen
D Dien  S gesättigte Verbindung
H2 Wasserstoff Sub Substrat
Kat Katalysator ÜM  Uebergangsmetall
0 Anfangswert
1, 2 Nummer einer chemischen Reaktion
I, II Kennzeichnung bestimmter Zeitabschnitte während der Hydrierung

Abkürzungen

acac Acetylacetonat st Stearat

 

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